DIE WEINE
Stigler, Wolke Sieben, VDP Wolke Sieben, Kabinett trocken, 2014
Die Qualität eines Weingutes erkennt man oftmals am „Basiswein“. Dieses Cuvée aus Müller- Thurgau, Kerner und Weißburgunder hat schon etwas Rückgrat und wird durch eine schöne Frische begleitet. Ein Wein der durchaus bereits Präzision beweist. Ein Wein zum Wegzischen. Unkompliziertes Wohlgefühl mit der Wolke Sieben auf allen Wolken. Am besten zu zweit. Oder wie der Songtext es besser ausdrückt: „Lieber Wolke vier mit Dir als wieder unten ganz allein.“ Cheers.
Stigler, Silvaner, Ihringen Winklerberg, VDP Erste Lage, trocken, 2013
Ein ständiges Aufbrechen. Bewegung. Das prägt diesen Wein. Bereits kurz nach dem öffnen spürt man ,wie sich dieser Wein verändert. Ein Wein, der für Gesprächsstoff sorgt. Nicht nur, weil er für einige durch den „Trinkcodex“ fällt, denn es ist kein Silvaner aus Franken. Nein, er muss das gar nicht sein. Die vulkanischen Böden der Südwestseite des Kaiserstuhls bringen einen eigenen, von Mineralik geprägten Stil mit. Ein Wein, der zu Beginn in der Nase eher feine Zitrusnoten präsentiert, um dann nach einiger Zeit stärkere Fruchtnoten zu zeigen. Er bringt Körper und Saftigkeit an den Gaumen. Und er bleibt spannend. Dynamik ist hier präsent. Veränderung, Inkonstanz.
Stigler, Weißburgunder, Freiburg Schloßberg, VDP Erste Lage, trocken, 2013
Ein Stereowein. Als Orchesterspieler ein feiner Essensbegleiter oder Solist, der sich leicht und elegant über die Bühne gewegt. Besser gesagt: Am Gaumen. Dafür sorgt das moderate Säurespiel, das mit graziöser Eleganz und feiner Würze begleitet wird. Weißburgunder zwischen Burgund und Rheinhessen.
Stigler, Spätburgunder, Ihringen Winklerberg, Grosses Gewächs, trocken, 2010
Bei diesem Wein schlafen Sie ein…nie im Traum. Weinkenner brauchen hier lediglich eins und eins zusammen zu zählen. Baden, Spätburgunder, Winklerberg, Stigler. Auch bei so viel „Namedropping“ beweist er (wieder einmal), dass die Präzision, die Andreas Stigler in Fleisch und Blut übergegangen ist, ihm seinen eigenen Charakter gibt. Dieser Wein liegt im Gravitationsfeld zwischen Fülle und Eleganz. Dazwischen facettenreiche rote Frucht, Rauch, Würze in Richtung Tabak und eine stimmige, nicht zu opulente Süße. Die Säure ist lebendig und garantiert für lange Lagerfähigkeit. Lassen Sie ihn noch etwas schlafen, in 3-5 Jahren wird man ihn traumhaft geniessen können.
DAS INTERVIEW
Berlin, Berlin. Auch für euch eine faszinierende Stadt. Ihr habt euch bereits kurz nach der Wende in Berlin engagiert, Kontakte geschlossen, euch umgeschaut. Wie hat sich eurer Meinung nach die Gastronomie in Berlin in den letzten 10 bis 15 Jahren entwickelt?
Berlin ist einer der spannendsten Städte in Deutschland. Der Weinfokus hat in den letzten Jahren immens zugenommen. Hier wird experimentiert. Hier wird sich getraut. Pulsierende Vielfalt. Oftmals schaut man sich Tendenzen aus Berlin ab. Es ist eine Stadt, die sich im ständigen Wandel befindet. Ohne Konstante. Das macht diese Stadt so spannend für uns.
Chardonnay Auslese Ihringer Fohrenberg 2013 gibt es nur in Berlin im Vau. Was ist so außergewöhnlich an diesem Wein?
Das Jahr 2013 hat eine unheimliche Bandbreit an edelsüßen Weinen hervorgebracht. Daraus hat sich ergeben, dass wir einfach mal einen Chardonnay restsüß interpretiert haben. Wir waren erstaunt, wie gut der sich entwickelt hat. Wir haben uns dann gefragt, welche Speisen zu diesem Wein sehr gut passen könnten und unter anderem haben wir diesen Wein dann im Vau verkostet. Man war dort direkt sehr angetan und schwups waren alle Flaschen darauf hin weg. (Lacht)
Bevor wie über eure exponierten Lagen mit wohlklingenden Namen sprechen, sollten wir definieren, was ihr für Weine macht.
Prägnant, Charaktervoll, Kein Mainstream.
Ihringen ist eine Burgunderdomäne. Sie haben aber auch die Rieslingtraube im Sortenspiegel. Was ist das Besondere am Riesling vom Kaiserstuhl?
Für Stigler ist Riesling das Aushängeschild. Wir werden auch in Zukunft am Riesling festhalten, denn der Riesling gedeiht hier sehr gut. Natürlich gibt es auch Fehljahre, so wie wir es leider 2014 erleben mussten. 2013 war ein besseres Jahr – hier konnten wir die Trauben ins Edelsüße retten. Aber 2015 ist schlechtweg wieder ein gigantisches Rieslingjahr. Das gibt wieder Kraft am Riesling festzuhalten. Aber ich möchte betonen, dass der Kaiserstuhl – und im Speziellen Ihringen – eine Region ist, wo eine Vielfalt an unterschiedlichen Rebsorten Platz finden, die eine gute Reife hervorbringen.
Chenin Blanc gibt es am Kaiserstuhl , dank euch. Warum habt Ihr euch für diese Rebsorte entschieden?
Soweit ich weiss, waren wir die ersten am Kaiserstuhl, die mit dem Chenin Blanc begonnen haben. Das war im Jahr 2003. Zwei Jahre danach gab es den Erstertrag, der noch sehr zart war. Die Entscheidung für die Rebsorte ist eng mit dem Klimawandel verknüpft. Und mein Mann ist von dieser Rebsorte fasziniert! Sie bietet die gleiche Bandbreite wie der Riesling. Von der Basis bis zur Trockenbeerenauslese.
Wo wollt ihr diese Weine im Portfolio ansiedeln?
Leider können diese Weine keine Grossen Gewächse werden, da diese im VDP nicht klassifiziert sind. Wir siedeln unseren Chenin Blanc im hochwertigen Spätlese-trocken-Bereich an, sowie edelsüß und vielleicht mal als Cuvée.
Man muss nicht nur guten Wein machen, sondern auch gut vermarkten können. Welche Herausforderungen seht ihr für euch und die nächste Generation im Weinbusiness?
Es gab in den letzten Jahren einige Veränderung. Qualität zu schaffen ist die Grundvoraussetzung für Erfolg, Vermarktung ist danach das Wichtigste. Das wird weiterhin so bleiben. Der Markt ist für jeden eng. Deshalb ist eine Positionierung in der Nische so wichtig. Die Herausforderung wird sein, diese zu finden und mit guter Qualität zu bespielen. Gegen den Strom schwimmen ist hart, aber einmal erobert, ist man nicht mehr austauschbar. Unsere Weine haben diese Prägung. Mineralität und ein ganz spezieller Vulkangeschmack ist unser Alleinstellungsmerkmal.
Der Ihringer Winklerberg läßt vielen Weinfans das Herz höher schlagen. Was ist das Geheimnis dieser Lage?
Es ist eine sehr exponierte Lage in Baden. Der Kaiserstuhl ragt als vulkanisches Gebirge hervor. Es ist das einzige Hindernis in der Rheinebene. Hier trifft der warme Wind aus dem Burgund auf das Gebirge. Es entsteht ein außergewöhnliches Klima. Der Winklerberg als solches hat eine Fläche von 120 Hektar. Die vorderste Spitze des Berges zeichnet sich durch das Porenvulkanverwitterungsgestein aus. Eine richtige Bodenbearbeitung nur eingeschränkt möglich. Nach dem Winter kann man lediglich die Gesteinsbrocken aus dem Weinberg lesen, um so einigermaßen wieder durchkommen zu können.
Ihr habt einen Onlineshop. Viele Weingüter scheuen sich diesen anzubieten, um den Händlern nicht auf die Füße zu treten. Warum habt ihr euch dafür entschieden?
Wenn man eine ganz klare Kalkulationslinie hat, dann kann man das wohl tun. Grundvoraussetzung sich einen Online-Shop anzuschaffen ist, nachvollziehbar zu sein und zu bleiben. Für den Fachhändler als auch für den Privatkunden. Es ist in keiner Weise ein Nachteil für den Fachhändler. Dieser muss selbstbewusst seine Stärken, wie Beratung am Kunden, ausspielen. Und das ist das Alleinstellungsmerkmal für den Fachhandel, den ein Onlineshop nie ersetzten kann. Hier sollten auch die Kunden bereit sein, ein paar Cent mehr für den Wein auszugeben, denn Beratung ist eine Serviceleistung und kostet eben Geld.
Der 70 Grad steile Freiburger Schlossberg ist sicherlich eine besondere Herausforderung. Was transportiert hier Lage und Ausrichtung in die Weine?
Wie im Winklerberg ergeben sich Weine, die Frische, Eleganz und Tiefgründigkeit besitzen, jedoch von einer anderen Mineralität .geprägt sind, da hier Gneis anstatt Vulkangestein vorherrscht. Die Weine vom Winklerberg sind verspielter. Die Weine vom Schlossberg sind geradliniger.Die steile Lage sichert sich eine extrem gute Sonneneinstrahlung. Ferner werden hier die Trauben durch einen speziellen Fallwind gut belüftet. Der am Fuße gelegenen Gewerbekanal bringt eine gute Feuchtigkeit.
Terroir-Gedanke einmal anders. Sie machen auch Schmuck. Was steckt dahinter?
Ich nicht. Aber die Schwester meines Mannes ist Goldschmiedin. Wir lieben Schmuck und das Kunsthandwerk. Sie hat Schmuck, Flaschenverschlüsse und Anstecker mit Vulkansteinen verarbeitet. Kunden können den Schmuck käuflich erwerben.
Gold gegen Wein also?
(Lacht) Flüssiges Gold gegen handfestes Gold.
Zum Design. Die Etiketten zeigen immer einen Ausschnitt einer Rebe im Hintergrund in verschiedenen Variationen. Welches Konzept steckt dahinter?
Wir wollten die Systematik der VDP Klassifizierung auch auf unsere Etiketten bringen. Traube und Rebenblatt sind seit Jahren ein fester Bestandteil unseres Cooperate Designs. Wir spielen hier mit der Idee, umso höher die Qualität, desto mehr zoomen wir in die Traube und ans Rebenblatt. Im Basisbereich sieht man beides abgebildet. Bei der ersten Lage ist nur noch das große Blatt zu sehen. Und beim Grossen Gewächs ist lediglich der Stil der Traube zu sehen. Auch bei den Kapseln haben wir unterschiedliche Farbtöne. Rot ist die Grundfarbe für Guts- und Ortsweine und Gold für die Erste Lage und Grosses Gewächs.
Es gibt zwei Weine, die die Namen Eurer Söhne tragen. Was machen die beide bereits?
Unser ältester Sohn Max studiert Weinbau in Geisenheim. In ein paar Jahren wird er in den Betrieb einsteigen. Der kleine Sohn hat Pharmazie studiert und jetzt BWL und wird später auch in der Landwirtschaft tätig sein. Beide sind sehr weinaffin.
Die Weine heißen ja auch so?
Das war eine spontane Idee. Unser erster Sohn hat schon einen eigenen Weinberg. Da war die Idee den Wein so zu nennen nicht mehr weit weg. Beim zweiten war es schon etwas kurioser. Denn eigentlich heißt unser zweiter Sohn Frederik. Doch auf der Uni nennen ihn alle Fritz. Das fanden wir witzig und haben uns letztendlich dafür entschieden. (lacht) Unser Hund heisst Sissi. Vielleicht legen wir ja noch einen drauf. Vielleicht ein Rose?Wir haben des öfteren das Wort „Pinöle“ gehört, für einen Berliner ein Fremdwort. Was ist das?
Seit 1992 haben wir auf Kundenwunsch einen Sekt mit Spätburgunder, Weissburgunder und Chardonnay, als klassische Flaschengärung mit rund 10.000 Flaschen pro Jahr, aufgesetzt. Wir nennen den Rose „Pinöle“ und damit erkennen wir, wer bereits (in Anführungsstrichen) „ im Club ist.“ (Lacht). Ein paar Jahre später haben wir noch einen reinsortigen Sekt aus Chardonnay aufgesetzt. Dieser Wein ist in der Gastronomie eine tolle Ergänzung zum Champagner.
Was ist der perfekte Weinmoment für euch?
Einfach beim Weinprobierten die Zeit vergessen.